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Entwurf von Franz Tomaschek für eine Zuschrift an den niederösterreichischen Landeschef, Wien, 6. bis 17. Dezember 1849
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Regest

Entwurf für eine Zuschrift an den niederösterreichischen Landeschef bezüglich der Wahl Andreas Baumgartners zum Rektor der Universität Wien für das Studienjahr 1850. Dem Entwurf sind außerdem Bemerkungen verschiedener Mitarbeiter des Unterrichtsministeriums zum Wahlvorgang und zum Statut der Universität Wien beigefügt. Der Entwurf setzt die Frage der Wählbarkeit von Andreas Baumgartner auseinander, da dieser zum Zeitpunkt der Wahl nicht Professor an der Universität Wien gewesen war. Das Schreiben stellt jedoch klar, dass entsprechend der Gesetzeslage an den Universitäten Wien und Prag auch ehemalige ordentliche Universitätsprofessoren zum Rektor gewählt werden können. Allerdings trifft dies nicht auf ehemalige Professoren anderer Universitäten zu. Aus diesem Grund wurde auch der erste Vorschlag des philosophischen Professorenkollegiums, Ministerialrat Franz Exner zum Rektor zu wählen, vom Wiener Universitätskonsistorium abgelehnt, da Exner nie ordentlicher Professor der Universität Wien und kein immatrikuliertes Mitglied des Doktorenkollegiums war. Daher wird abschließend festgestellt, dass das Wiener Konsistorium im Sinne des Gesetzes gehandelt habe.

Anmerkungen zum Dokument

Unvollständige Akte mit eigenhändigen Bemerkungen Thuns und der Ministerialbeamten Franz Exner, Marian Koller, Franz Tomaschek und Joseph Alexander Helfert.

Schlagworte

Universität WienPersonalfragenRektor

Editierter Text

Ministerium des Cultus und Unterrichtes
Nr. 8918/54
Datum: 6. Dezember
Zl. 53382
Der niederösterreichische Landeschef mit dem Berichte des Wiener Universitätskonsistoriums über die Wahl des Universitätsrektors für das Studienjahr 1849/50 in der Person des Dr. Andreas Ritter von Baumgartner , k.k. Sektionschefs im Finanzministerium und Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften zu Wien , und dem Bemerken, daß er diese Wahl bestäthiget habe.
Paumann Der Bericht des Wiener Universitätskonsistoriums fehlt. Es ist nur der Entwurf einer Antwort an den niederösterreichischen Landeschef von Franz Tomaschek vorhanden.
Den Herrn Ministerialrathe Dr. Exner und Sektionsrat Koller zur geneigten Äußerung b. m. mitgetheilt
9.12.1849
Tomaschek
<Ich ersuche, lieber gleich eine kurze Nachtragsbestimmung zur Erläuterung der §§ 11 und 32 zu entwerfen, durch deren Kundmachung dann die spezielle Vorlage ihre Erledigung findet. Thun >Eigenhändige Hinzufügung Thuns. <Wenn die Auslegung des betreffenden [?] richtig ist, daß nämlich auch ehemalige Professoren der Wiener Universität wählbar sind, da wäre dies hierwohl zu [?]
F[ranz] Exner
9.12.>Hinzufügung Exners.
<Da Dr. Andr[eas] Baumgartner immatriculiertes Mitglied des Doctorencollegiums ist und die Motivirung seiner Wahl mir genügend erscheint – mithin den Vorschriften des § 33 in Beziehung auf die Wählbarkeit entsprochen wurde – wäre diese Wahl zu bestätigen.
Koller
10.12.1849>Hinzufügung Kollers.
1.) An den Landesschef von Niederösterreich
Über den Bericht vom 6.12.[18]49 53382, dessen Beilagen zur geeigneten weiteren Rückmittlung in % zurückfolgen, nehme ich die Wahl des Sektionschefs Andreas Ritter von Baumgartner zum Rector der Wiener Hochschule genehmigend zur Kenntnis. Warum ich erachte, daß die dieser Wahl beigefügte Motivirung nicht nothwendig und ihre Beifügung nicht in dem Geiste des Gesetzes gelegen war, wollen Excellenz zugleich mit den Bemerkungen, welche ich aus Anlaß dieses Wahlactes den akademischen Behörden der hiesigen Universität machen zu müssen glaube, aus dem zugleich an das Universitätsconsistorium gerichteten Erlasse entnehmen, welcher unter einem Euer Excellenz zur Einsicht in die Hände kommen wird.
2. An das hiesige Universitätsconsistorium
In Erledigung des im Anschlusse zurückfolgenden Sitzungsprotokolles des Universitätsconsistoriums vom 22. November dieses Jahres finde ich in Beziehung auf die in denselben vorkommenden Meinungsverschiedenheiten über das passive Wahlrecht zum Rectorate und in Beziehung auf die vorgenommenen und von dem Universitätsconsistorium einer Motivierung bedürfend erachtete Wahl des Sectionschefs und gewesenen Professors Andreas Ritter von Baumgartner folgendes zu bemerken:
Das provisorische Gesetz über die Organisirung der akademischen Behörden geht sichtbar von der Voraussetzung aus, daß die Leitung der Universität als eines Ganzen und in ihren Gliederungen im allgemeinen am zweckmäßigsten in die Hände von Professoren niedergelegt werde. Die Würde eines Rectors ist daher an den Universitäten zu Lemberg , Krakau , Olmütz , Gratz und Insbruck ausschließend, in Wien und Prag wenigstens in der Regel Professoren vorbehalten. Der § 33 motivirt diese Bestimmung ausdrücklich durch die Natur des neuen dem Rector durch das gegenwärtige Gesetz zugewiesenen Wirkungskreises. Dieser fordert nicht nur eine hohe wissenschaftliche Ausbildung, sondern setzt eine Summe von gewonnenen Erfahrungen in dem Studienwesen und in der Behandlung der Studirenden voraus, welche in der Regel nur Männern, die noch Professoren sind oder als solche im Lehrfache sich Verdienste <gesammelt> Korrektur Thuns aus: verwendethaben eigen sind.
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend hat das Gesetz für sämmtliche Universitäten zuerst zweifellos zu Dekanen und Rectoren nicht bloß ordentliche Facultätsprofessoren, sondern auch solche, welche es gewesen sind, als passiv wahlfähig erklärt.
In dem § 26 werden die Bestimmungen der §§ 1–25 auch für die Universitäten von Wien und Prag als gültig erklärt, soweit nicht die folgenden Paragraphe Zusätze oder Abänderungen erhalten. Die Abänderungen nun, welche allerdings in diesen §§ vorkommen, beziehen sich unwidersprechlich auf eine Ausdehnung nicht aber auf eine Beschränkung des passiven Wahlrechtes zum Rectorate. Es läßt sich kein Grund denken, aus welchem das Gesetz, welches in Wien und Prag jeden immatriculirten Doctor Streichung im Text: ohne Rücksicht auf eine specielle wissenschaftliche Thätigkeit, ohne Rücksicht auf irgend welche im Studienfache erworbene Erfahrungendas passive Wahlrecht eingeräumt hat, es den gewesenen ordentlichen Facultätsprofessoren, hätte vorenthalten sollen, nachdem solche an den übrigen Hochschulen gleich den noch lehrenden Professoren als wählbar erklärt worden sind.
Die Worte des § 32: „der Rector wird jährlich aus einer anderen Facultät gewählt“, stehen nicht im Wege. Denn der § 11 bedient sich in Ansehung der Rectorswahl an den übrigen Universitäten genau der nämlichen Worte mit dem Beifügen: „und zwar aus der Zahl der ordentlichen Professoren oder derjenigen Professoren, welche ordentliche Professoren waren Streichung im Text: und so kann es vor den Augen des Gesetzgebers kein Widerspruch sein, daran festzuhalten, daß auch in Wien , wenn ein gewesener Professor zum Rector gewählt wird, aus der Facultät gewählt worden sei..
Auch die am Schluße des § 32 vorkommende Hinweisung auf den § 11 <hat keinen anderen Sinn>Korrektur aus: dient dieser Ansicht zur Stütze, denn sie haben nicht wohl keinen anderen Sinn als als, daß sowohl dieStreichung im Text: genauerenBestimmungen über die passive Wahlfähigkeit als über die Vornahme der Wahl aus dem § 11 ebenso zu ergänzen seien, wie der § 29 sich rücksichtlich des Professoren, Dekans der Kürze wegen bloß durch die Hinweisung auf die §§ 6–8 vervollständigt.
Aus eben diesen Paragraphen ist sohin zu erklären, was in § 33 mit dem allgemeinen Ausdrucke „jeder Professor“ gemeint ist.Streichung im Text: Daß derselbe nicht vereinzelt, sondern nur im Zusammenhange mit den §§ 32 und 11 aufgefaßt werden dürfe, ergibt sich schon daraus, weil sonst auch ein außerordentlicher oder sogar ein in Wien gar nicht anwesender Professor gewählt werden könnte, was mit der Natur der Sache unvereinbar ist.
Wenn es hiernach zweifellos ist, daß nebst dem immatriculirten Doctoren betreffenden Doctorencollegiums nicht nur die wirklich lehrenden ordentlichen Facultätsprofessoren, sondern auch diejenigen, welche ordentliche Professoren waren, zu Rectoren gewählt werden können, so darf doch die Ausdehnung nicht weiter gehen, als es in dem § 11 des Gesetzes selbst geschah und darf daher nicht sich auf wirkliche oder gewesene Professoren anderer Universitäten erstrecken, sollten sie auch in Wien ihr bleibendes Domicil haben.Randbemerkung Thuns: Ist wohl gemeint: "Es sei denn als Doktoren".
Randbemerkung Helferts: Das scheint mir nicht so ausgemacht zu sein. Können in Wien und Prag selbst Doktoren, die niemals Professoren waren, zu akademischen Würden gelangen, so sehe ich nicht ein, warum Männer, die zwar Professoren, aber nicht an derselben Universität waren, eingeschlossen sein sollten. Helfert mp.Für eine solche Ausdehnung liegt in dem Gesetze kein hinreichender Anhaltspunkt und es wiederspricht der Natur der Sache einen Mann zum Vorstande einer Universität zu machen, welcher ihr gegenwärtig nicht angehört und nie in einem bleibenden Zusammenhange mit ihr stand.
In der Anwendung dieser Erläuterung des provisorischen Gesetzes über die Organisierung der akademischen Lehrenden auf die Wahl des Sectionschefs und gewesenen Professors dieser Hochschule , Dr. Andreas Ritter von Baumgartner , zum Rector für das Studienjahr 1850, muß ich bemerken, daß diese Wahl, welche ich so, wie sie in dem Wahlprotokolle vom 19. dieses Monats vorgenommen erscheint, zur genehmigenden Kenntnis genommen habe, der Motivirung, welche ihr mit dem Berichte des Consistoriums vom 5. Dezember 1849 gegeben wurde, nicht bedurfte, daß dagegen das Wiener Consistorium ganz in dem Geiste des Gesetzes gehandelt habe, als es den ersten Vorschlag des philosophischen Professorencollegiums mit Rücksicht auf den Umstand, daß Ministerialrath Exner nie ordentlicher Professor der Wiener Universität war und nicht immatriculirtes Mitglied ihres Doctorencollegiums ist, zurückwies Korrektur aus: zur Erstattung eines anderen Vorschlages zurückzumitteln., und das philosophische Professorencollegium zu einer zweiten Wahl aufforderte.
17.12.1849
Tomaschek
<gelesen Helfert mp.>Hinzufügung Helferts

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