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Karl Wolkenstein an Leo Thun, Schloss Ivano, 7. Juni 1854
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Regest

Karl Wolkenstein äußert sich zu einem Gesetzesentwurf zur Reform der Patronatsverhältnisse. Er hatte einen solchen Entwurf zufällig in die Hände bekommen und Thun hatte ihn bereits vor Jahren um seine Meinung in dieser Angelegenheit gebeten. Wolkenstein zeigt sich allerdings nicht erfreut über den Entwurf und sieht sich in seiner Befürchtung bestätigt, dass die geschichtliche Entwicklung Österreichs offenbar immer stärker Züge des späten römischen Kaiserreichs annehme. Wolkenstein will auch Hugo Salm-Reifferscheid von dem Entwurf und seiner Meinung dazu in Kenntnis setzen und ihn um Unterstützung bitten.

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Schlagworte

NeoabsolutismusVerwaltung

Editierter Text

Werthester Freund! Vor 2 oder 3 Jahren hast Du mich einmal aufgefordert, Dir meine Gedanken über Patronatsverhältniße mitzutheilen – bey unserem letzten Zusammentreffen in Karlsbad hast Du das Vorhaben geäußert, mir einen dießfälligen Gesetzesentwurf zukommen zu laßen. Beydes ist bisher unterblieben. Indeß hat mir der Zufall einen solchen lithographierten Entwurf samt Motiven in die Hand gebracht.
Ich würde – unaufgefordert – darüber schweigen, wenn der Entwurf und seine Motive nicht so gar sehr den breiten Stempel der Zeit trügen, wie es der Fall ist. Da aber der Fall so ist, halte ich es für meine Schuldigkeit, mein Urtheil und seine Gründe nicht zu verhehlen und das Odium nicht zu scheuen, das derzeit Jeden trifft, der nicht mit dem Strome schwimmt. Ich schicke Dir daher die beyliegenden Bemerkungen und füge bey:
a) Es dient mir zur Beruhigung, daß die principiellen Grundzüge, die ich mir entworfen habe, ehe ich von dem Canonischen Rechte mir nähere Kenntniß zu erlangen suchte – mit diesem letzteren in Uebereinstimmung stehen. Ich finde darin eine Gewähr, daß ich richtig gedacht habe.
b) Es scheint mir nicht angemeßen bey ernsthaften Dingen süße Worte zu machen. Ich halte es für ein Unglück, daß auch sonst ehrenwerthe Leute schlecht und gut, recht und unrecht mit der Friedenssalbe ausgleichender Phrasen verschmieren. So kommen wir immer tiefer in jene Zustände hinein, wie sie der Geschichtsschreiber römischer Corruption schildert. Iam vera rerum vocabula amittimus. Ich habe daher keinen Anstand genommen die Dinge bey ihrem wahren Namen zu nennen.
c) Ich hielt es nicht für überflüßig an das Einzelne auch einiges Allgemeine zu knüpfen, und soweit ich es vermag, den Zusammenhang zwischen beyden, und an einem concreten Falle die Wahrheit anschaulich zu machen, daß ein schlechter Baum keine guten Früchte geben könne.
Ich hätte gewünscht die Arbeit noch länger maturiren zu können, aber meine Gesundheit läßt ernstlichere Beschäftigung nur in sehr beschränktem Maße und in Intervallen zu – so wird mir die Zeit zu kurz und ich möchte nicht zu spät kommen. Von der Arbeit kannst Du beliebigen Gebrauch machen – auch den Autor nennen oder verschweigen, wie es sachdienlich scheint.
Ich schreibe unter einem an Hugo Salm und ersuche ihn – falls die Sache an den Reichsrath käme – von der Arbeit Kenntniß zu nehmen, bitte daher auch Dich ihm selbe auf Verlangen mitzutheilen, da ich nicht in der Lage bin hier mehrfache Abschriften zu besorgen.
Ende dieses Monates hoffe ich in Brunnersdorf wieder einzutreffen – leider mit der Aussicht es bald wieder verlaßen zu müßen, da mich die Aertzte noch in eine kalte Waßercur schicken wollen.
Von Herzen
Dein aufrichtiger Freund
Wolkenstein
Schloß Ivano in Tirol, 7.6. 1854

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