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Leo Thun an Johann Baptist Weiß Wien, 8. August 1855
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Regest

Leo Thun äußert sich verärgert über den Streit zwischen Cornelius Bock und Johann Baptist Weiß. Zunächst betont er, dass es ihm grundsätzlich zuwider sei, in persönliche Auseinandersetzungen einzugreifen. Da es jedoch um Bocks Zukunft in Österreich gehe, fühle er sich verpflichtet, die Sache geklärt zu wissen. Zunächst geht er aber mit der Vorgehensweise von Weiß, auf Grund von Gerüchten ein Urteil zu fällen und nicht das persönliche Gespräch mit Bock zu suchen, hart ins Gericht. Außerdem hätte ein öffentlicher Skandal im Anbetracht der Stellung der beiden zur katholischen Bewegung unbedingt vermieden werden sollen. Thun bittet nun Weiß um Erlaubnis, Bock in einer Aussprache mit seinen, Weiß’, Anschuldigungen konfrontieren zu dürfen. Außerdem erbittet sich Thun die Namen derjenigen, die bei den angeblichen Beleidigungen von Bock gegen ihn anwesend waren.

Anmerkungen zum Dokument

Schlagworte

GeschichtswissenschaftenPersonalfragenUniversität Graz

Editierter Text

Wien, den 8. August 1855 Werther Herr Professor! Die Lage, in die Sie mich durch Ihre frühere Anempfehlung zu Professor Bock gebracht haben, zwingt mich, in die persönlichen Verhältnisse zwischen ihm und Ihnen tiefer einzugehen, als es unter andern Umständen mir zustände. Er ist mir auch von vielen andern Seiten empfohlen worden; ich kann nicht ohne gründliche Überzeugung über ihn den Stab brechen, zumal in einem Augenblicke, wo nicht nur die Möglichkeit einer Existenz in Österreich , sondern zugleich seine Ehre auf dem Spiele steht.
Ihr Benehmen gegen ihn, wie Ihr Brief es mir darstellt, ist mir unbegreiflich. Nicht etwa der tiefe Schmerz, den es Ihnen gemacht haben muß, von ihm Dinge zu hören, die die Natur eines hinterlistigen Verrathes an sich hatten, sondern daß Sie solcher Nachricht Glauben geschenkt und darnach gehandelt haben, ohne ihn gerade heraus zur Rede zu stellen. Niemand ungehört zu verurtheilen ist ein Grundsatz der Gerechtigkeit, von dem man nie abweichen soll. Ich könnte einen langjährigen Freund nicht aufgeben, ohne es ihm in’s Gesicht zu sagen. Hier handelte es sich aber um mehr; Sie haben nicht nur die Freundschaft zu ihm aufgegeben, sondern Sie haben gethan, was man nur thun kann, um einen Menschen moralisch zu ruiniren. Sie haben, wie Sie selbst schreiben, es dahin gebracht, daß man ihn in Graz gemieden hat, wie eine Pestbeule, – und nun soll er gebrandmarkt von Österreich abziehen. Und das haben Sie gethan, gegen ihn, der die Thatsachen, auf deren Grundlage Sie gehandelt haben, in Abrede stellt, ohne ihn gehört zu haben. Ich gestehe Ihnen offen, das scheint mir an sich unverantwortlich, – noch mehr, wenn ich Ihre und seine Stellung zu der katholischen Bewegung in Erwägung ziehe, die es nach meinem Gefühle verlangt hätte, daß solcher Skandal, selbst wenn er an Ihnen als Verräther gehandelt haben sollte, vermieden werde.
Bock, von dessen Anwesenheit ich noch nicht wußte, als ich das letzte Mal an Sie schrieb, war gestern bei mir. Ich habe ihm weder den Inhalt Ihres Briefes, noch die Thatsache, daß ich mit Ihnen über ihn korrespondiere, mitgetheilt. Ich kann aber nicht umhin, von Ihnen als einen Akt der Gerechtigkeit die Erlaubnis zu verlangen, daß ich ihm Alles offen mittheilen dürfe, was Sie ihm zum Vorwurfe machen und was Sie mir Thatsächliches über Ihre letzten Begegnungen geschrieben haben oder noch schreiben werden. Ich ersuche Sie um schleunige Antwort.
Hochachtungsvoll
Thun
Auch kann ich mich der Aufforderung nicht enthalten, daß Sie mir die Personen nennen, vor welchen Bock Ihren Charakter und Ihre wissenschaftliche Thätigkeit angegriffen und geäußert haben soll: „Weiß ist ein Ultramontaner, ich bin kein Ultramontaner etc.“

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