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Memorandum von unbekannter Hand über die Errichtung eines ost-adriatischen Küstenkronlandes o. D. [1859/60]
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Regest

Ein nicht genannter Schreiber erteilt Vorschläge zur Reorganisation der zur Monarchie gehörenden Gebiete an der östlichen Adriaküste. Als Begründung für seine Vorschläge nennt er, dass damit in den genannten Gebieten ein wirtschaftlicher Aufschwung ermöglicht werden könnte. Außerdem würde eine Reorganisation der Gebiete helfen, die Verteidigung der Küstenländer und damit der Monarchie verbessern zu können. In der Vergangenheit wurde das Gebiet durch die willkürliche politische Einteilung und durch ein den lokalen Gegebenheiten nicht angepasstes Steuersystem wirtschaftlich benachteiligt. Als wesentliche Maßnahme schlägt er daher die Aufhebung der inneren Zollgrenzen und die Schaffung eines einheitlichen Zollgebietes sowie die Aufhebung des Tabak- und Salzmonopols in diesem Gebiet vor. Der Schreiber glaubt, dass mit diesen Maßnahmen in kurzer Zeit ein einheitliches Kronland entstehen würde. In der Folge gibt er auch einige Vorschläge, wo die einzelnen Verwaltungssitze angesiedelt werden sollen. Im zweiten Teil des Memorandums wird die Vereinigung der Gebiete in einem einzigen Kronland aus wirtschaftlicher Perspektive beleuchtet. Hierbei betont er insbesondere die Wichtigkeit der Schaffung eines gemeinsamen Zollgebietes sowie die Aufhebung der Monopole für Tabak und Salz. Auf letzteres legt er besonders großen Wert und betont, dass gerade im Bereich der Salzgewinnung große wirtschaftliche Möglichkeiten vorhanden wären. Damit könnte auch die chemische Industrie gefördert werden, die auf Natriumchlorid angewiesen sei. Er untermauert seine Ausführungen mit statistischen Daten und Vergleichen zu den übrigen Kronländern der Monarchie. Ausführlich geht er schließlich auf die Förderung des Schiffbaus und der Fischerei ein.

Anmerkungen zum Dokument

Zwei Beilagen:
Kartographische Darstellung der geplanten Neuordnung der Küstenländer.
Tabelle mit den Angaben der Flächen und Einwohner der einzelnen Disktrikte des Küstenlandes.

Schlagworte

KüstenlandDalmatienHandel

Editierter Text

Über die Organisierung eines ost-adriatischen Küsten-Kronlandes Das wesentliche Erforderniß einer Organisirung besteht darin, daß sie den Grundbedingungen des einzurichtenden Landes angepaßt sei, sohin die territorialen und ethnographischen Eigenthümlichkeiten, die commercialen Interessen, sowie die Bildungsstufen desselben beachten, zugleich aber wenn es sich um den Bestandtheil eines großen Ganzen hiebei handelt, solche Bedingungen aufnehme, welche den zu organisierenden Bestandtheil als aktives nützliches Glied der größeren Gesammtheit anfügen.
Zieht man von diesem Standpunkte die adriatischen Küstenländer der österreichischen Monarchie in den Kreis der Betrachtung, so zeigt sich bei dem ersten Blicke auf die Karte, daß die an der Westküste der Adria liegenden venezianischen Provinzen nach Land und Leuten ausschließend zur italienischen Halbinsel gravitiren, und daß selbst die commerzialen Interessen dieses Küstentheiles eine westliche Richtung nach der Schweiz , nach Süddeutschland und den Rheinlanden von der Natur gezeichnet erhielten. Ganz anders stellen sich die östlichen zum Kaiserstaate gehörigen Küstenstriche des adriatischen Meeres dar. Vom Isonzo bis hinab zu den schroffen Vorgebirgen Montenegros scheiden die julischen Alpen diese schmalen Küstenstriche von dem übrigen Europa ab, und nur wenige mühevoll angelegte Straßenzüge führen nach dem östlichen Deutschland und nach den ungarischen und türkischen Hinterländern.
Von der Gränze Carniens an bildet die alt-illirische und die slavisch-serbische Race, sohin slavisches Blut den weit überwiegenden Hauptstamm der Bevölkerung, welchen die vielhundertjährige Herrschaft Venedigs nur in den Städten als Küstenkolonien und in der Geschäftssprache zu italisieren vermochte.
Bei der Kargheit des Bodes sind diese östlichen Küstenländer beinahe ausschließlich auf Fischfang, Schiffbau und Schifffahrt gewiesen. Istryen erzeugt Holz, Dalmatien Wein und Öhl, im Ganzen aber reichen die eigenen Erzeugnisse niemals aus, und alle diese karstdurchzogenen Länder können nur leben, wenn sie für ihre Hinterländer die Vermittler eines lebhaften Verkehrs sind.
Daß man Istrien in den Kreis der deutschen Verwaltungsformen einbezog, Fiume [Rijeka ] den abgeschlossenen ungarischen Interessen dienen mußte, die Karlstädter [Sremski Karlovci ] Grenze der Militärverwaltung unterwarf, daß Dalmatien ein nach allen Seiten abgetrennter, durch complizierte Verwaltung lebensunfähiger Organismus wurde, daß endlich auf alle diese magern Küstenstriche das allgemeine Besteurungssistem, welches in den reicheren Hinterländern gilt, zur Anwendung gebracht wurde, diese vereinten Umstände mußten dahin führen, die ost-adriatischen Küstenländer aller Entwicklungsfähigkeit zu berauben, daher wir sie heutzu Tage noch in jenem trostlosen finanziel-passiven und politisch unbedeutenden Zustande sehen, in welchem das Aussaugesistem Venedigs und seine Walddevastierungen sie hinterlassen haben. Die Blüthe, welche die illirsche Provinz in der Römer Vorzeit gehabt hat, kann nur wiederkehren, wenn man die vierfache Zerklüftung aufgibt, und diese Bestandtheile in ein naturgemäßes Ganze, jedoch mit einer eigenen, einfachen, seiner Bildungsstufe und seinen materiellen maritimen Interessen zusagenden Verwaltung zusammenfaßt. Die kurze Epoche der französischen Zwischenregierung von 1805–1814 hat diesen Versuch angebahnt und ist, weil sie die Grundbedingungen des Wiederauflebens getroffen hatte, noch heute zu Tage in gutem Angedenken.
Diesen allgemeinen Betrachtungen haben die Kriege 1848 und 1859 eine traurige Erfahrung beigefügt. Es hat sich gezeigt, daß Österreich diese 280 Meilen lange Küste nicht schützen kann, fast nicht einen Punkt besitzt, welcher seinen Handelsschiffen und seiner Kriegsmarine Schutz gewähren könnte, daß Triest vor fremden Bombardement zittern mußte, daß es fremder Seemacht frei stand, jede Insel Österreichs in Besitz zu nehmen, und an jedem Küstenpunkte beliebig zu landen, um feindliche Truppen gegen das Innere des Kaiserstaates von dort aus zu entsenden.
Österreich befindet sich hiedurch in der verhängnisvollen Alternative, entweder seine Heere zu theilen, und mit Schwächung der übrigen Operationslinien ein mannhaftes Armee-Corps unthätig zum Schutze dieses Küstenlandes stehen zu lassen, oder dieses Küstenland und durch dasselbe den südöstlichen Rücken der Monarchie der fremden Invasion preis zu geben. Diese vielen wichtigen Rücksichten dürften einen Organisationsplan motivieren, welcher dahin zielt, sämmtliche ostadriatischen Küstenländer Österreichs zu einem eigenen Verwaltungsgebiete zusammenzufassen, welchem bezüglich der Civilverwaltung eine ausschließend maritim commerziele Einrichtung, bezüglich Gränzhuth aber eine derartige militärische Verfassung zu geben wäre, daß sie in der eigenen Volksmasse die Mittel finde, nicht blos die Küsten, sondern auch die Hinterländer des Kaiserstaates gegen feindliche Invasion zu decken.
Am Isonzo beginnend hätte dieses Küsten-Kronland durchgängig den höchsten Wasserscheiden der Julischen Alpen zu folgen, und alle Abdachungen dieser Kette gegen die adriatische See zu umfassen.
Görz und Gradiska [Gradiška ] mit dem Wippacher Thale, welche ohnehin nach ihrer Formation und Bevölkerung einerseits zu Friaul und andererseits zu dem Adelsbergerkreise Krains hinsehen, würden in das Küstenkronland nicht einbezogen, und dieses hätte nur
1. Aquileja [Aquileia ], Monfalcone , Duino und Sessana [Sežana ], dann Triest mit seinem Gebiete und Istrien mit den Quarnerischen Inseln,
2. den Fiumanerkreis
3. die vier Regimenter der Karlstädter Militärgränze
4. ganz Dalmatien mit seinen Inseln zu umfassen.
Das ganze Küstenland würde einen großen Zollausschluß bilden, welcher zugleich vom Tabak- und Salzmonopol befreit wäre. Die Zolllinie würde hinter das Küstenland auf den Rücken der Alpen zurückgezogen und von ihrer dermaligen Überwachungslänge von 280 bezüglich 580 Landmeilen auf etwa 50 Meilen gekürzt.
Zollämter würden nur als Vermittler des Verkehrs der Hinterländer bestehen. Die bisherigen inneren Erträgnisse des Zolles, Tabakes und Salzes dieser Küstentheile würden gleich den Verzehrungssteuer-Abfindungsquoten und den direkten Steuern auf die Gemeinden des Küstenkronlandes zur inneren Repartierung überwiesen. Die Finanzwache hätte nur mehr den Hilfsdienst bei den Zollämtern zu leisten, Gewerbe, Handel und Schifffahrt könnten sich auf Grundlage der bestehenden Gesetze vollkommen entwickeln, und mit einiger Vorsicht würde es gelingen, dieses Kronland im Laufe der Jahre zu einem vollkommen slavisch-deutschen Verwaltungsgebiete zu gestalten.
Zu dessen Vertheidigung würden die vier Regimenter der Karlstädter Militärgränze nebst den erforderlichen Hilfswaffen eine hinreichende Macht auf vom Feinde bedrohte Punkte werfen, während die ganze Küstenbevölkerung derart militärisch zu organisieren wäre, daß neben der Marine Inscription auch noch für Zwecke der Landesvertheidigung gegen jede Invasion eine ein Waffen geübte Landwehr verwendet werden kann.
Die oberste Leitung dieses Küstenkronlandes von 515 Quadratmeilen und 1 3/10 Millionen Seelen läge in der Hand eines Generalstatthalters, welchem für alle politischen und commerzielen Angelegenheiten ein Gubernium mit dem Wirkungskreis der Statthalterei und des jetzigen Seeguberniums, dann für alle militärischen Angelegenheiten ein vereintes Militär- und Marine Commando mit dem Wirkungskreise eines Landesgeneral-Commandos und des dermaligen Marine-Commandos zur Seite stünde.
Das Landes-Generalkommando in Zara würde aufhören und der Wirkungskreis des Banus auf die 4 Regimenter der Karlstädter Gränze würde auf den General-Statthalter übergehen.
Die politische Verwaltung unter dem Gubernium wäre auf 10 Bezirkshauptmannschaften und 4 Regimentskommanden (letztere bezüglich der Militärgränze) zurückzuführen, welchen sich auch die Justiz-Einrichtung, unter besonderer Bedachtnahme der Handelsinteressen anzuschließen hätte, Triest wäre der Sitz des Generalstatthalters.
Das Oberlandesgericht erhielte seinen Sitz in Fiume . Der Finanzdienst könnte sehr einfach gestaltet werden.
Die nachstehenden Betrachtungen beleuchten den Vorschlag vom national-ökonomischen Gesichtspunkte.
Betrachtungen
über die Wirkung des gegenwärtig in Dalmatien und in den croatisch-illirischen Küstenländern in Anwendung stehenden Sistems der indirekten Abgaben.
1. Eigenthümliche Verhältnisse der Küstendistrikte
Die illirisch-croatischen Küstenländer und Dalmatien befinden sich in einer so eigenthümlichen Lage, daß die zum Schutze jener indirekten Abgaben, deren Ergiebigkeit mehr oder weniger von einer sorgfältigen Grenzbewachung abhängt, in den übrigen Kronländern der österreichischen Monarchie bestehenden Einrichtungen in diesen Küstengebieten nur mit manigfaltigen Abweichungen durchgeführt werden konnten.
Noch gegenwärtig bildet Dalmatien mit den dazu gehörenden zahlreichen Inseln ein besonderes Zollgebiet mit einem Zolltarif und einer Zollordnung, welche von den analogen Gesetzen und Vorschriften des, die übrigen Kronländer des Reiches umfassenden allgemeinen österreichischen Zollverbandes wesentlich verschieden sind. Erst mit dem Beginn des Verwaltungsjahres 1853 wurde der Istrianer Kreis in das allgemeine österreichische Zollgebiet, wozu früher nur ein schmaler Streifen Landes im nördlichen Theile dieses Kreises gehörte, vollends einbezogen, eine Maßregel gegen welche fort und fort zahlreiche Petitionen theils unmittelbar an Seine k.k. Majestät theils an die Ministerien aus allen Theilen jenes Landes gerichtet werden.
Die Bemühungen der in den Jahren 1849 und 1850 mit der Berathung einer Reform des österreichischen Zollwesens beschäftigt gewesenen Commission, die Aufhebung der in den Küstenländern bestehenden Zollausschüssen (Triest , Fiume , Buccari [Bakar ], Porto-Rè [Kraljevica ], Zengg [Senj ]) zu verwirken, scheiterten an jenen Rücksichten welche ursprünglich deren Ausscheidung aus dem Zollgebiete veranlaßt hatten.
Durch Gebirgszüge von dem Innern der Monarchie abgeschlossen, sind diese in der beiliegenden Übersicht verzeichneten Küstenländer, deren eigener Ertrag an Cerealien selbst in den günstigsten Jahren nur einen Theil des Bedarfs ihrer Bevölkerung deckt, zunächst auf den Verkehr zur See angewiesen.
Obschon diese Gebietstheile im Gegensatz zu anderen, wenngleich von Natur unfruchtbaren, jedoch durch ihre Handelsthätigkeit zu einigem Wohlstande gelangten Küstenländer, nur dünn bevölkert sind, indem sie bei einer Flächenausdehnung von 515 österreichischen Quadratmeilen nur eine (Civil-)Bevölkerung von 1.172.996 Köpfen, oder auf 1 Quadratmeile 2.277, folglich beinahe um 1/3 weniger zählen als der Durchschnitt der ganzen Monarchie ausweiset (3.202 pro Quadratmeile), so tritt doch selbst in Jahren, welche in den fruchtbaren Theilen der Monarchie einen Überschuß an Nahrungsstoffen liefern, oft die Nothwendigkeit ein, einzelnen Distrikten des Küstengebietes ausnahmsweise den zollfreien Bezug von ausländischen, zur See zugeführten Getreide zu bewilligen. Ganz Istrien sammt den quarnerischen Inseln genießt diese Begünstigung seit dem Jahre 1857 für eine fünfjährigen Zeitraum.
2. Natürliche Erwerbsquellen
Die Natur weiset die Einwohner dieser überall von der See aus leicht zugänglichen Küstendistrikte dazu an, ihre Nahrung auf dem Meere zu suchen. Schiffbau, Schiffahrt und Handel, Fischerei und Gewinnung des Meersalzes bieten ihnen manigfaltige Gelegenheit zum Erwerb dar; ferner begünstigt die Beschaffenheit des Bodens und das Klima nebst der Cultur der Reben, des Oehlbaumes und verschiedener Handelspflanzen, die Produktion eines vorzüglichen Tabakblattes.
3. Deren Benützung wird gestört durch das
a) Tabakmonopol
Der gewinnreichen Ausbeutung dieser von der Natur dargebothenen Erwerbsquelle stehen jedoch jene ebenso kostspieligen, als die Produktion und den Verkehr hemmenden Maßregeln der Überwachung und Beschränkung entgegen, welche nothwendig sind, um das in den übrigen Theilen der österreichischen Monarchie bestehende Sistem der indirekten Abgaben auch in den Küstenländern durchzuführen.
Der Tabakbau, welcher ein gleich werthvolles Materiale liefern könnte, wie die benachbarten türkischen Provinzen, ist verboten und
b. Salzmonopol
die Gewinnung des Meersalzes wird jährlich auf eine bestimmte, dem Bedarf der ärarischen Salzregion angemessene Menge beschränkt.
Die Fischerei muß das zum Einsalzen der Fische erforderliche Salz aus den Ärarial-Niederlagen um einen Preis beziehen, welcher, wenn auch (in Istrien) geringer als der Verschleißpreis des zum gewöhnlichen Gebrauche bestimmten Kochsalzes (nur 4 fl, statt 6 fl 75 kr. pro Zentner), dennoch um das Vielfache höher ist als jener commerciele Preis, der sich bei Freigebung des Salzes (in Produktion und Verkehr) herausstellen würde. Daß hiedurch der Preis der Fischerei-Ausbeute, welche nicht nur ein wichtiges Nahrungsmittel der einheimischen Bevölkerung, sondern auch einen der vorzüglicheren Ausführartikel liefert, wesentlich erhöht, und deren Absatz erschwert wird, versteht sich von selbst.
c) Schiffbau
Der Schiffbau genießt zwar auch außer den Freihäfen einige Begünstigungen durch Gestattung des zollfreien Bezuges gewisser Erfordernisse des Baues und der Ausrüstung von Schiffen; jedoch mußten von dieser Zollfreiheit, welche an strenge und lästige Controllen gebunden ist, viele Artikel ausgeschlossen bleiben, welche neben den ebenerwähnten noch zu andern Zwecken verwendet werden können.
d) Zollgefäll
Nicht nur zwischen den theils zum dalmatischen, theils zum allgemeinen Zollgebiete gehörenden Inseln untereinander und mit dem Festlande, sondern auch zwischen den handelsthätigen Städten Dalmatiens , Istrien und der übrigen hier in Rede stehenden Küstenländer findet der Handelsverkehr meistens nur zur See statt, daher auch die einheimischen Erzeugnisse und die bereits verzollten ausländischen Waren, wenn sie von einem Orte zum andern versendet werden, wegen Überschreitung der Zoll-Linie sowohl bei der Abfahrt als beim Eintreffen im Bestimmungsorte der Amtshandlung des Zollamtes unterliegen.
Dieser Umstand macht eine große Anzahl von Zollämtern nothwendig, worunter sich auch viele solche befinden, deren Regieaufwand nur einen geringen Betrag der Brutto-Einnahmen übrig lässt. Im Istrianer Kreis und in Dalmatien , welche zusammen einen Flächen-Inhalt von 308 österreichischen Quadratmeilen haben, sind nicht weniger als 97 Zollämter aufgestellt, deren Brutto-Einnahmen an Zöllen im Verwaltungsjahr 1858 423.234 fl CM oder 444.396 fl österreichischer Währung betrug, so daß auf je 3 2/10 Quadratmeilen 1 Zollamt mit einer durchschnittlichen Brutto-Einnahme von 4.579 fl kam, während im allgemeinen österreichischen Zollgebiete, d.i. in der österreichischen Monarchie, mit Ausnahme von Dalmatien (jedoch mit Einschluß Istriens) die auf einen Flächenraum von 11.371 Quadratmeilen aufgestellten 465 Zollämter eine Zolleinnahme von 22.876.875 fl (in österreichischer Währung) hatten, wonach durchschnittlich auf je 24 4/10 Quadratmeilen 1 Zollamt mit der Einnahme von 49.199 fl österreichischer Währung sich herausstellte.
4. Kosten zur Gränzbewachung
Das in südöstlicher Richtung auf eine Länge von 75 österreichischen Meilen ausgedehnte Kronland Dalmatien bildet, mit Ausnahme des nördlichen Theiles, wo es sich von Knin bis Zara in der Richtung von Ost nach West etwa auf 14 Meilen erstreckt, einen schmalen Streifen Landes, dessen Breite im Kreise Ragusa [Dubrovnik ] bis auf 1/4 Meile, bei Cattaro [Kotor ] sogar bis auf 1/8 Meile herabsinket, und welcher 2 mal (bei Klek und Sutorina ) vom türkischen Gebiete durchschnitten wird. Die Zoll-Linie des Festlandes von Dalmatien allein (ohne die dazu gehörenden Inseln) hat eine Ausdehnung von wenigstens 150 Meilen, während dessen Flächen-Inhalt, mit Einschluß der Inseln nur 222 Quadratmeilen beträgt, so daß für jede Quadratmeile des Flächeninhaltes 1,48 Längenmeilen Gränzlinie zum Schutz des Zollgefälles und der Staatsmonopolien zu überwachen sind, während für die ganze Monarchie dieses Verhältnis ungefähr wie 1 Quadratmeile zu 1/10 Längenmeile ist. Nimmt man für den Gesammtkomplex den in der Überschrift in drei Gruppen zusammengefaßten Küstendistrikt (ohne die eine Küstenentwicklung von beiläufig 300 Meilen darbietenden zahlreichen Inseln) die Länge der zu überwachenden Zolllinie nur mit 280 österreichischen Meilen an, so ergibt sich mit Hinzurechnung der Inseln, eine zu überwachende Längenausdehnung von 580 Meilen bei einem Flächeninhalt von 515 Meilen, somit ein Verhältnis von 1 Quadratmeile zu 1,12 Längenmeilen. Daraus folgt, daß die Kosten des Gränzschutzes in einem äußerst ungünstigen Verhältnis zum Reinertrage der zu schützenden Staatsgefälle stehen, obgleich selbst abgesehen von den Inseln, die Stärke dem durchschnittlich für eine Meile der Zoll-Linie des Küstengebietes in Verwendung stehenden Finanzwache weit unter der durchschnittlichen Stärke der Gränzbewachung des ganzen Reiches steht.
5. Vortheile, welche durch Befreiung der Küstenländer vom Tabak-, Salz und Zollgefälle erlangt werden und zur
a) Abkürzung der Zolllinie um 1/5 (für die ganze Monarchie)
Dieser kostspielige Überwachungsapparat bestehend aus einer großen Anzahl von Zollämtern und Finanzwacheabtheilungen kann nur dann auf ein zu dem zu erzielenden Reinertrage der zu schätzenden Staatsgefälle in einem günstigeren Verhältnisse stehendes Maaß zurückgeführt und dadurch eine in nationalökonomischer Hinsicht verwerfliche Zersplitterung und Vergeudung von Arbeitskräften vermieden werden, wenn man die hier in Rede stehenden Küstendisdrikte von der (wegen der Tabak-, Salz- und Zollgefälle nothwendigen) Überwachungs-Linie ausschließt.
Die gegenwärtig ungenügende Überwachung einer fast überall von der See aus leicht zugänglichen und daher dem Schleichhandel besonders ausgesetzten Küstenstrecke beeinträchtigt auch den Gefällsertrag der binnenländigen Gebietstheile, welche durch keine zweite Überwachungs-Linie vom Küstengebiete geschieden sind.
Eine längs der nördlichen Abgränzung der in der Übersicht bezeichneten Küstendistrikte gezogenen Zolllinie wäre beiläufig 50 Meilen lang und würde, um weit ausgiebiger überwacht zu werden als jetzt, die (mit Einschluß der Inseln) beiläufig 580 Meilen lange Seegränze wirklich überwacht werden, keine größere Anzahl von Zollämtern und Finanzwach-Abtheilungen in Anspruch nehmen, als gegenwärtig zur Vermittlung des Verkehrs und zur Überwachung der Zollausschluß-Umkreise von Triest , Fiume , Buccari , Porto-Rè und Zengg , der Seegränze des Görzer Kreises und der kroatischen Küste erforderlich sind, so daß die 97 Zollämter von Dalmatien und Istrien und die Finanzwache dieser Länder bis auf wenige im Interesse des Verzehrung-Steuer-Gefälls zu verwendende Individuen ganz entbehrlich würden. Durch die neue Zolllinie würde der eigentliche, ohnehin auf die Eisenbahn und 2 oder 3 Chausséen beschränkte Handelsverkehr zwischen den Seeküsten und dem Innern der Monarchie nicht mehr belästigt als gegenwärtig: denn auch jetzt sind die Emporien Triest und Fiume vom Binnenland durch die Zoll-Linie getrennt.
Es würde dagegen der Vortheil erlangt, daß die Bewohner der durch Gebirgszüge oder weite Entfernung von binnenländischen Handelsplätzen verschiedenen Küstendistrikte, welche auch jetzt ihre Bedürfnisse aus den genannten Seestädten beziehen, mit diesen in freien Verkehr treten und nicht mehr in den Fall kommen könnten, selbst für inländische Erzeugnisse einen Zoll entrichten zu müssen, und es würde die Nothwendigkeit wegfallen, den in der Umgebung der genannten Zollausschüsse gelegenen Ortschaften besondere, eine kostspielige Kontrolle nothwendig machende Zollbegünstigungen zu gewähren. Der Besorgnis, daß die Schaffung eines die in Rede stehenden Küstendistrikte umfassenden großen Zollausschlusses dem Schiffshandel Gelegenheit geben werde, ausländische unverzollte Waaren und Monopols-Gegenstände in diesen Distrikten längs der neuen Zoll-Linie anzuhäufen, um sie in das Zollgebiet einzuschmuggeln, kann durch das Verbot begegnet werden, an andern Orten als in den an der See gelegenen, folglich von der neuen Zolllinie entfernten Handelsstädten größere als die für den Lokalbedarf erforderlichen Vorräthe an solchen Waaren und Gegenständen zu unterhalten, ein Verbot welches den Großhandel, dessen Beförderung angestrebt wird, nicht im Mindesten beirren würde.
Die im Verhältnisse zum Ganzen der Monarchie um 1/3 dünnere Bevölkerung der in der Übersicht aufgezählten Küstendistrikte befindet sich großtentheils in einem verkümmerten Zustande, welcher sich auch, wenn man Triest ausnimmt, dessen Wohlstand mit der so oft beklagten Armuth Istriens grell kontrastiert, den Staatsfinanzen durch den äußerst geringen Ertrag der directen Steuern fühlbar macht. Diese bedauerliche Erscheinung dürfte ihre Erklärung in der widernatürlichen Behandlung finden, welche diesen Gebietstheilen seit langer Zeit zu Theil wurde. Sollen die Ursachen, welche die gedeihliche Entwicklung einer den vorhandenen natürlichen Bedingungen entsprechenden Produktion und die den in Rede stehenden Küstendistrikten dringend nothwendige freie Bewegung des Verkehrs hindern, gründlich beseitigt werden, so muß man diese Gebietstheile nicht nur von dem Zollzwange sondern auch von den Belästigungen und Beschränkungen der Staatsmonopole befreien, welche letzteren eine nicht minder strenge Grenzbewachung und Verkehrskontrolle nothwendig machen, als die Zölle. England hat das ehemals auch in jenem Lande monopolisierte Salz freigegeben um der Industrie einen so wichtigen Hilfsstoff nicht zu vertheuern. Zwar gestattet die jetzige Lage der Finanzen Österreichs der Staatsverwaltung gegenwärtig und vielleicht noch für lange Zeit, keineswegs auf diesen einträglichen Einkommenszweig im Allgemeinen zu verzichten: es würde jedoch die Auflassung der Abgabe vom Salz in den Küstendistrikten, den Gesammtertrag des Salzmonopols nur ungefähr um 3 1/2 Prozent vermindern.
b) Beförderung der Meersalzgewinnung, der Fabrikation chemischer Hilfsstoffe der Industrie, der Fischerei.
Dagegen würde eine solche Maßregel nicht verfehlen, den Küstendistrikten Kapitalien zuzuführen, welche diese Gebietstheile in den Stand setzten, die jetzt auf ein jährlich von der Finanzverwaltung im voraus auf ein bestimmtes Quantum beschränkte Gewinnung des Meersalzes auf jede, für den Bedarf der Ärarial-Regie sowie der monopolsfreien Küstengebiete, dann für die Ausfuhr in die benachbarten türkischen Provinzen oder wo sonst bei freier Konkurrenz sich Absatzwege eröffnen, erforderliche Menge auszudehnen und der Industrie solche chemischen Hilfsstoffe, welchen Natriumchlorid zur Grundlage dient (z.B. Soda) in jeder beliebigen Menge wohlfeil zu liefern, endlich den Betrieb der Fischerei zu heben, welcher ehemals besonders in Dalmatien , bei dem großen Fischreichthum der dortigen Gewässer einen weit höheren Standpunkt behauptete als gegenwärtig.
Daß die Ärarial-Salzregie für ihren Bedarf an Meersalz höhere Preise als bisher zu zahlen haben werde, ist mit Rücksicht auf die natürlichen Wirkungen der freien Konkurrenz und auf die Leichtigkeit des Meersalzbezuges aus Sicilien keineswegs zu besorgen.
c. Tabakbau
Die Aufhebung des Tabakbaumonopoles in den Küstendistrikten würde die seit längerer Zeit in Verhandlung schwebende Frage, ob in Dalmatien der Tabakbau zu gestatten sei, zur Zufriedenheit des Landes lösen.
d. Belebung des Handels. Gründung einer kräftigen Marine
Durch Zurückziehung der Zolllinie an die Nordgrenze der Küstendistrikte würde den immer wiederkehrenden Beschwerden Istriens und der quarnerischen Inseln gegen den auf ihrem Verkehr lastenden Zollzwang abgeholfen. Durch die Auflassung der in den in Frage stehenden Küstendistrikten ohnehin wenig eintragenden Zölle, dann das Salz- und Tabakmonopols würde der Zauber gelöst, welcher bisher auf der Produktion der Handelsthätigkeit dieser Gebietstheile schwer lastet und den größten Theil der Küstendistrikte in einem Zustande der Verkümmerung erhielt, dessen nachtheilige Rückwirkung auf die Staatsfinanzen nicht übersehen werden darf, wenn es sich um die Würdigung der vorgeschlagenen Maßregeln vom finanziellen Standpunkte handelt. Endlich würde dadurch die Möglichkeit angebahnt, daß die österreichische Handelsmarine sich kräftiger als bisher entfalte und einer künftigen Kriegsmarine zur Grundlage diene, die nur dann ihrer Bestimmung entsprechen kann, wenn sie sich auf diese Basis gestützt, zu einer Bedeutenheit empor schwingt, welche sie in den Stand setzt, beim Ausbruch eines Krieges, wenigstens gegen Staaten zweiten Ranges die österreichischen Küstenländer genügend zu schützen.
Daß die Bewohner der hier in Rede stehenden Küstenländer insbesondere die Dalmatier, rüstige und gewandte Seefahrer sind und als solche sich schon im Alterthum behauptet haben, ist bekannt. Die leichten Kriegsschiffe (Liburnae, welche die welthistorische Seeschlacht bei Actium gegen die schwimmenden Kastelle des Orients – alta navium propugnanda – entschieden) hatten, ihren Ursprung und Namen von einem Volksstamme des heutigen Dalmatien . Die venezianische Seemacht, welche sich rühmen durfte die Meere zu beherrschen, stützte sich zunächst auf den Besitz derselben Küstenländer, welche gegenwärtig Österreich beherrscht, und wenn Venedig 's ehemaliger Welthandel seit der Entdeckung des Seeweges nach Indien sich allmälig den Handelsflotten der Holländer, dann der Briten zugewendet hat, so dürfte sich der Handelsthätigkeit der österreichischen Seedistrikte, wenn man ihrer Entfaltung freien Spielraum gewährt, die Aussicht auf eine neue Ära der Blüthe besonders in dem Falle eröffnen, wenn es den vereinten Bemühungen des europäischen Continents gelingt, den Widerstand zu besiegen, welchen britische Politik der Ausführung des Suezkanalprojekts entgegensetzt, weil dann Triest , Venedig usw. vor den nordeuropäischen Hafenstädten einen Vorsprung von 2.000 Seemeilen einer beschwerlichen Schifffahrt hätte!
6. Ersatz des finanziellen Verlustes
Allerdings fällt bei der jetzigen Lage der österreichischen Finanzen, die Verzichtleistung auf, die annäherungsweise mit der runden Summe von jährlichen zwei Millionen Gulden Österreichischer Währung zu veranschlagende Quote, welche bisher von den hier in Rede stehenden Küstendistrikten zum Reinertrage der Salz-, Tabak- und Zollgefälle beigetragen wurde, schwer ins Gewicht!
Abgesehen jedoch von höheren politischen Rücksichten, welche die Hebung des Wohlstandes der Küstenländer durch die ihnen zu gestattende freieste Bewegung in Produktion und Handel und Verkehr, und damit deren innigeren, weil aus ihrem lebhaft gefühlten Eigeninteresse hervorgehenden Anschluß an den Staatsverband, der ihnen diese Begünstigungen gewährt, selbst dann wünschenswerth erscheinen lassen, wenn diese Vortheile nur mit einem finanziellen Opfer erkauft werden könnten, und abgesehen von dem theilweisen Ersatze, welchen die gesteigerte Ergiebigkeit anderer Abgaben liefern würde, dürften sich Mittel finden lassen, die Staatsfinanzen noch auf anderem Wege zu entschädigen.
Hiebei ist zu erwägen, daß die Bevölkerung der Küstenländer gegenwärtig nicht nur den bisherigen Reinertrag der aufzulassenden Gefälle, sondern auch jenen, auf mehrere hunderttausend Gulden zu veranschlagenden Kostenaufwand aufzubringen hat, welcher durch die in Rede stehende Maßregel erspart werden könnte. Es würde daher selbst dann wenn man diesen Reinertrag auf anderem Wege, etwa in Form einer direkten Umlage auf die Gemeinde oder durch Zuschläge zu den bestehenden Steuern, nicht bloß theilweise sondern in vollem Betrage von der Bevölkerung hereinbringen wollte, dieser noch immer eine Ersparung von beiläufig einer halben Million Gulden jährlich nebst den großen Vortheilen einer für die Hebung ihres Wohlstandes ganz besonders wichtigen, völlig freien Bewegung in Produktion, Handel und Verkehr zu Gute kommen.

    Wie die DATEN-Darstellung funktioniert

    Die angezeigten Daten sind auf ARCHE, im XML oder RDF Format, gespeichert bzw. archiviert. Die Daten können sehr unterschiedlich dargestellt werden. In dieser HTML-Darstellung wurden XSLT-Stylesheets und XPath verwendet um Daten von ARCHE abzufragen und in eine HTML-Struktur zu transformieren. Dieser Prozess schafft die Möglichkeit, eine benutzerfreundliche Web-Applikation zu erstellen.

    Beta Version

    Der Beta Badge weißt darauf hin, dass die XSLT-Stylesheets derzeit noch in Entwicklung sind. Die Darstellung der Daten kann sich daher ändern. Zusätzliche Information zum Projekt oder weitere Funktionen könnten in Zukunft noch hinzukommen.

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    How the DATA-Representation works

    The visualized data are saved and archived on ARCHE in XML or RDF formats. This data can be represented differently. In this HTML-Representation the data is transformed into a HTML structure. This process is achieved with XSLT-Stylesheets and XPath.

    Beta Version

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