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Stellungnahme von Ignaz Nádherny zu den Folgen des Gesetzes zur Heeresergänzung für Medizinstudenten, Wien, 11. Dezember 1859
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Regest

Ministerialrat Ignaz Nádherny weist auf eine Problematik hin, die sich mit dem Erlass des Gesetzes zur Heeresergänzung für zahlreiche Studenten ergeben hat. In diesem Gesetz ist nämlich vorgesehen, dass sich Studenten nach den ersten beiden Jahren für ein weiteres Jahr von ihrer Militärpflicht befreien lassen können. Damit wäre aber das Medizinstudium, das in der Regel fünf Jahre dauert, unterbrochen. Ähnliches gilt für andere Studenten. Der Ministerialrat empfiehlt daher, dass die Studenten, sofern der Dekan ihren Fleiß bestätigt, von der Militärpflicht bis zum Abschluss des Studiums befreit sein sollten. Nádherny rät von der Einführung von Kolloquien zur Überprüfung des Fleißes ab, da dies eine zusätzliche Belastung für Lehrende und Studierende bedeuten würde.

Anmerkungen zum Dokument

Beilage: Aufstellung der 19- und 20jährigen Studenten an der medizinischen und juridischen Fakultät der Wiener Universität.

Schlagworte

Universität WienMedizinische FakultätStudentenMilitärdienst

Editierter Text

Nach dem § 3 des Gesetzes über die Heeresergänzung vom 29. September 18581 beginnt die Verpflichtung zum Eintritt in das Heer mit dem vollendeten 20. Lebensjahr und dauert volle 7 Jahre.
Dagegen ist zu Aufnahme in das Gymnasium gemäß des § 59 des Gymnasialorganisationsentwurfes vom Jahre 1849 das vollendete 9. Jahr erforderlich. Vor dem vollendeten 18. Jahr kann somit Niemand als ordentlicher Universitätshörer zur Inskribtion gelangen.
Jene, welche in dieser Altersperiode in das medizinische Studium eintreten, werden somit erst mit dem fünften Semester militärpflichtig werden. Bis dahin sollen aber auch dieselben nach dem medizinischen Rigorosenentwurfe die Prüfung aus den naturwissenschaftlichen Fächern bestanden haben; erhalten sie hiebei den Kalkül der Befähigung, so sind dieselben nach dem § 20 jenes Gesetzes wenigstens für das fünfte und sechste Semester von der Pflicht zum Eintritt in das Heer befreit.
Diese Befreiung sollte auch für die ferneren 4 Semester ihre Geltung haben, wenn auf Grundlage der Erklärungen der betreffenden Fachlehrer der Professorendekan die Befähigung abgibt, daß der Student wöchentlich durch die vorgeschriebene Stundenzahl jenen eigentlichen Berufsstudien und den damit verbundenen praktischen Übungen mit ausgezeichnetem Fleiße oblag und Beweise eines ebenso ausgezeichneten wissenschaftlichen Strebens ablegte.
Jene Studierenden, welche in einem spätern Lebensjahr inscribiert werden, haben für das erste Universitätsjahr das Maturitätszeugnis für sich. Dieses sollte auch für das zweite Jahr Gültigkeit haben, wenn nebstbei die oberwähnte Bestätigung des Professorendekans beigebracht werden würde.
Für die ferneren Semester hätten auch bei diesen Hörern die obenbeantragten Bestimmungen ihre Anwendung zu finden.
Behufs der Ertheilung jener Dekanatsbestätigung könnten die durch den § 55 der Studienordnung angedeuteten Modalitäten eingehalten werden.
Sollte aber dennoch auf den Kolloquien behufs der Militairbefreiung bestanden werden, so ist nicht abzusehen, warum der Ausweis, daß der Student den Unterricht mit ausgezeichnetem Fortgang genossen habe, gefordert werden sollte, da sich bei Staatsprüfungen blos mit dem Ergebnisse der Befähigung zufrieden gestellt werden will.
Auch wäre dann jenen Hörern, welche schon im zweiten Universitätsjahr im militärpflichtigen Alter stehen sollten, bloß die Ablegung eines Kolloquiums aus der Anatomie und Physiologie zur Pflicht zu machen, da diese zwei medizinischen Disziplinen für die ersten vier Semester die eigentlichen Hauptfächer bilden.
Für das fünfte und sechste Semester würde das Ergebnis des naturwissenschaftlichen Rigorosums, als der ersten medizinischen Staatsprüfung, den Medizinern den vorgeschriebenen Nachweis bieten; für die ferneren vier Semester aber außerdem nichts erübrigen, als die Hörer derselben anzuweisen, sich einem Kolloquium aus der praktischen Medizin und Chirurgie zu unterziehen, da dies die Hauptfächer für diese Semester sind.
Zu diesem Kolloqium wären übrigens nur jene Hörer zuzulassen, denen das obenbemerkte Zeugnis eines ausgezeichneten wissenschaftlichen Eifers gegeben werden würde, und deren Ablegung müßte jedenfalls stets vor dem Monate Februar erfolgen, da mit diesem Monate jedes Jahr die Heeresergänzung durch die Stellung erfolgen soll.
Wünschenswerth, ja selbst dringend nothwendig erscheint es jedoch jedenfalls, daß alles aufgeboten werde, damit von diesen Kolloquien, behufs der Militairbefreiung zur Gänze Umgang genommen werde, da durch dieselben Lehrer, wie Lernende in eine schiefe und unangenehme Stellung gebracht, und zu mancherlei Konflikten unvermeidlich Anlaß gegeben werden würde, nebstbei aber auch in mehrfach demoralisierender Einfluß zu besorgen stünde.
Durch die beantragten Modifikationen würde den Anordnungen der neuen Rekrutierungsvorschrift wenigstens der größte Stachel benommen, so wie für den Fall als auf der Ablegung von Kolloquien und der Nachweisung eines ausgezeichneten Fortganges in diesem Wege bestanden werden sollte, der Andrang zu denselben thunlichst vermindert, und durch die projektierten, bloß von ordentlichen Professoren vertretenen Hauptfächern doch theilsweise den gegen die Kolloquien sich mit vollem Rechte aufdrängenden Bedenken möglichst begegnet werden. Nicht zu übersehen ist es endlich, daß durch die oberwähnte Bezeichnung die Kolloquienanforderung auf das geringste Maaß zurückgesetzt werden könnte, wenn dieselbe durchaus nicht aufgegeben werden wollte.
m/p Nadherny
Ausweis über die Zahl der im 19. und 20. Lebensjahre befindlichen Studierenden der medizinischen und juridischen Fakultät im Wintersemester 1859 Juristen 1080, darunter:
19 Jahre – 182 Köpfe
20 Jahre – 205 Köpfe
zusammen 387
Mediziner 540, darunter:
19 Jahre – 70 Köpfe
20 Jahre – 68 Köpfe
zusammen 138
Wien, am 11. Dezember 1858 Karl S. Wall
Quästor

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