10/9 Über Gehöfte Stoijerhöhe Kreuzbergwarte ― auf der Wiese gelegen
(versuche immer wieder ein paar Verse zum Weiher),― zur Villa Mahler:
eben war Alma mit der plötzlich erkrankten Gucki abgereist.― Hinab
durch Eselsgraben Prein, beim untern Eggl ein verfaultes Rindfleisch
vorgesetzt bekommen (diesem Land ist nicht zu helfen. Gedankengang
des Wirths: Is ja nur ein Passant. Wenn er auch crepirt ― ich hab doch
meine 25 Kronen) (Entschuldigung der Kellnerin todtenblaß, mit
schlechtem Gewissen).
― Zum Hotel Preinerwand (wo vor Jahren Julius und Familie wohnten) ―
unsäglich trist,― zurück Edlach ― Kleinau ― Marienhof, den ich
mir schon lang besehn wollte. Besitzerin Irma Hoffmeister ― sie
empfängt mich, beim Reinemachen, riegelsam und matronenhaft, mit einer
Umarmung, bewirthet mich mit trefflichem Caffee, zeigt mir Zimmer;―
stellt sich [mit] Neffe und Nichtchen vor (ihr langjähriger Geliebter K.
hat dann ihre Schwester geheiratet), erzählt mir von der Krise in ihrem
Leben vor 10 Jahren ― wie sie seither alles nur von der Höhe aus sehe;―
von ihrem Einfluß auf ihre Gäste; das vertraute Verhältnis ― die meisten
redet sie mit Vornamen an ―; Lebewelt und brave jüdische Bürgerfamilien
― manchmal zugleich ―;― ihre frühren Geliebten, die mit ihren
jetzigen Flammen heraufkommen, Frauen, die ihr das Herz ausschütten,―
hysterische Mädeln, denen sie ins Gewissen redet.― Sie begleitet
1919: IX 10 - IX 15 289
mich durch den Wald ― wir sitzen auf einer Bank, über eine Wiese, die
Landschaft ― sie erzählt u. a. von Alfred P. „Sie wissen doch, dass ich
ein paar Jahre mit ihm ein Verhältnis gehabt hab.“ Ich: „Ich weiß gar
nichts ― nicht einmal das, was man mir erzählt“ ― und auf meine
(frühere) Bemerkung, es sei doch eigentlich schön, sich so zu
verschwenden ― „Wenn man denkt, an welche Leute man sich verschwendet
hat …“ ― Will nun baun, arbeiten ― man wirft ihr das Geld geradezu
nach … Neulich ihr 50. Geburtstag ― wie sie gefeiert wurde.― Dann
durch den Abend ins Kurhaus zurück.