9/3 Montag Abend.― Charlotte ist in Venedig… Sie war krank,
gemütskrank ― und eines schönen Tages theilte man mir mit, sie werde
auf den kaufmänn. Ball kommen ― Begreiflich, dass ich an jenem
Abend um zehn Uhr in meinen Frack hineinschloff ― und während
dieses Manövers erzählte mir mein Bruder, dass neulich auf einem
Hausball die schöne Else St. ihm die Ursache von Charlottens
Krankheit erzählt hätte. Nun? … Kurz nachdem ich in V. bei H.s gewesen
war, richtete Charlottes Mutter an ihre Tochter in einem dämmerigen
Zimmer plötzlich die Frage: Du bist verliebt in … (hier folgt mein
Name).― Ja, erwiderte Charlotte.― Auf diese allzu offene Antwort
erfolgte eine Auseinandersetzung, dass ich in keiner Weise zu ihrem
Gemahl geeignet wäre, etc.― und dies ging nun fort … bis sie endlich
in jene Melancholie verfiel… in der ich sie nun auch noch auf jenem
Balle traf.― Ich war peinlich berührt… Ein stereotypes trauriges
Lächeln auf ihren Lippen ― eine langsame müde Art zu sprechen ―
und das sonderbarste: sie tanzte wie eine ― ja mir fällt nichts
bessres bei: sie tanzte so wie man sich vorstellen könnte, dass eine
Nachtwandlerin tanzt.― Ich schlug dies oder jenes Thema an; ― immer
müde, traurige Antworten ― nur manchmal ― wenn ich z. B. an der
Peripherie des Saales stand, und sie an mir vorüber ― tanzwandelte ―
ein Blick voll Innigkeit und Wehmut; kurzum ein Blick, den Heine
dichten und Schumann componiren müsste. Ich nicht.
― Vor ein oder zwei Tagen ist sie nach Venedig. Hoffentlich wird sie
sich ― gesund heiraten, sobald sie nach Wien rückkehrt. Die Idee,
mich ewig zu lieben, wäre denn doch etwas zu lächerlich. Und sie sind
nicht so lächerlich, die Weiber ―!
― Und der Fasching heuer? Nichts rasend flottes ― aber doch ein
paar Bemerkungen; z. B. dass ich in die Familien Moskowicz (Gusti
sehr pikante äußerst jugendliche Schönheit), Landauer eingeführt
wurde. Am letzten Ball war Helene H., chic wie immer, von der selben
hastigen Intelligenz, ebenso musikalisch, eben so elegant wie ich sie
im vorigen Jahre und heuer auf dem Eise des öftern getroffen hatte…
Vorgestern auf einem geschlossenen Kränzchen traf ich mit Therese
Tr., die mich sz. ein wenig interessirte ― (übrigens eine
außerordentliche Schönheit!) wieder zusammen, und machte die sehr
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angenehme Bekanntschaft einer überaus anmutigen und reizenden jungen
Dame, der Fanny L., einer Schwester der jetzt verheirateten
berühmten Operettensängerin.
― Im übrigen erlebt ich rein nichts in dem ganzen Fasching ― doch
noch sei die Gestalt der Caecilie R., die hübsche pikante und sehr
intelligente Schwester eines Collegen, Rudinger erwähnt, die ich bei
Neumann und Moskowicz zu Tische führte…―